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Erinnerung an ein Verdrängtes Massaker

Posted on 11 January 2009 by admin

Wir gedenken des 70. Jahrestages der Vernichtungsaktion des türkischen Militärs gegen die kurdische Bevölkerung in DERSIM.

Wir gedenken des 70. Jahrestages der Vernichtungsaktion des türkischen Militärs gegen die kurdische Bevölkerung in DERSIM.

Als ich vor 70 Jahren auf die Welt kam, hat die Türkei, in dieser Zeit  als Verbündete des Hitlers-Regimes meine Heimat DERSIM bombardiert und einen Völkermord an Kurden veranstaltet, während zur gleichen Zeit Guernica bombardiert wurde. Damals, wie auch heute, haben die vorschrittlichen Kräfte dieses Verbrechen in Guernica verurteilt.

Wir gedenken des 70. Jahrestages der Vernichtungsaktion des türkischen Militärs gegen die kurdische Bevölkerung in DERSIM.

Als ich vor 70 Jahren auf die Welt kam, hat die Türkei, in dieser Zeit  als Verbündete des Hitlers-Regimes meine Heimat DERSIM bombardiert und einen Völkermord an Kurden veranstaltet, während zur gleichen Zeit Guernica bombardiert wurde. Damals, wie auch heute, haben die vorschrittlichen Kräfte dieses Verbrechen in Guernica verurteilt.

 

Aber dass weit hinten in der Türkei ein Volk  vom türkischen Militär dezimiert wurde, sah  die Welt leider nicht.  Vor 70 Jahren sagte Seyid Riza, der damals 75 Jahre alt  war und gegen den türkischen Militarismus kämpfte, bevor er aufgehängt wurde:

„Ich habe nach meinem Gewissen gehandelt. Meine höchsten Interessen galten der Freiheit meines Volkes und meiner Heimat.“

 

Nachdem die türkische Armee mit voller Brutalität über Dersim wie ein Zylinder rollte, und Zehntausende getötet, Zehntausende Kurden deportiert hatte, hat sie die zahlreichen Kasernen umfunktioniert, um kurdische Kinder einzuschulen und als gute Türken zu erziehen.

Die Behörden haben die kurdischen Kinder willkürlich in den Dörfern gesammelt und in diese Kasernen gesteckt, um sie wie Hunde zu dressieren.

 

Aus diesen Kindern, deren Väter und Großväter getötet worden waren, wurden erfolgreich gute Türken gemacht. Der Staat hat sie dann für seine Zwecke gegen Kurden benützt. Das heißt, die Türkei hat nach diesem Genozid in kraftvoller Weise einen Ethnozid durchgefürt.

 

Als ich sieben Jahre alt wurde, musste ich die Sprache der Unterdrücker, die Sprache der Kolonisatoren lernen, und erleben, dass meine Muttersprache nicht als menschliche Sprache gesehen wurde. In dieser Sprache durfte ich weder weinen noch lachen, sprechen war ohnehin untersagt.

 

Meine Muttersprache war die Sprache von „Unmenschen“, sie existierte nicht. Wer behauptet, sie sei eine Sprache der Menschen, war er ein feind der Türkei, ein Spion, ein Verräter, ein Speratist, ein Bandit.

 

Je mehr ich in der Sprache der Efendis dressiert wurde, desto fremder wurde mir meine Mutter, die mir  gleich zweimal das Leben gegeben hatte. Sie lächelte und gab keine Antwort, wenn ich in türkischer Sprache Fragen stellte.

„Er soll leben. Am besten soll er mit der Sprache der Efendis aufwachsen.“

Das Leid, das sie ertragen hatte, sollte nicht mein Schicksal werden. Wer Kurdisch sprach oder sich in irgendeiner Weise zum Kurdentum bekannte, für den war alles vorbei.

 

Für uns Kurden war und ist die Sprache lebensnotwendig. Die Staatsgrenzen haben die Kurden so geteilt, dass nur die Sprache als Zement ethnischen Zusammenhalts blieb. Und die Türkei wollte auch das auslöschen. Wir, die Schüler konnten sogar zu Hause nicht sprechen, weil unser türkischer lehrer es uns untersagte, und wer zu Hause gesprochen hatte, wurde mit einem Stock geschlagen.

 

Zwar hat die Türkei mich ausgebürgert und meine Habe versteigert. Aber sie hat von mir viel Kostbareres genommen, nämlich meine Muttersprache.

Das war sicherlich für einen Mann des Wortes, das schlimmste Verbrechen. Deshalb schreibe ich meine Bücher in der Sprache der Unterdrücker und Kolonialisten, in Türkisch.

 

Die Türkei hat alles in Kurdistan geändert. Sie hat alle geograghischen und kurdischen Namen türkisiert. Isik heist Licht, Tunceli bedeutet „Eiserne Hand“ und alle kurdischen Dorfnamen, Berge, Flüsse wurden türkisiert. Heute weiss ich nicht, wie die Dörfer heißen, deren Namen ich nur Kurdisch kenne. Die Türkei versucht, die Vergangenheit der Kurden zu löschen, damit sie keine Brücke zu Gegenwart und Zukunft haben können.

 

„Sei Stolz, Türke sein zu können!“ war der Spruch, den ich jeden Tag, strammstehend mit lachendem Gesicht, zu schwören hatte, und in meine Seele lassen musste. Dann habe ich bald erfahren, dass dem ins Gesicht gespuckt wurde, der sich als Kurde bekannte.  Aus mir und dieser Generation wurde ein „Janitschare“.

Wenn man bedenkt, dass meine Enkelkinder auch heute noch in den Schulen diesen Spruch schwören, dann muss jeder ein Urteil fällen, ob diese Türkei demokratisch ist.

 

Kemal Atatürk, der Staatsgründer  der Türkei hatte befohlen, im Vaterland Türkei leben nur Türken. Um diese Kolonialpolitik zu kaschieren, werden sogar Professoren beauftragt, „wissenschaftlich“ nachzuweisen, dass es keine Kurden gibt, diese vielmehr Türken, und zwar „Bergtürken“ seien. Die Argumentation sieht etwa so aus; „Die Bevölkerung Ost- und Südostanatoliens lebt in einer schneereichen Landschaft. Der Schnee bildet eine harte Oberfläche. Wenn man darauf geht, hört man Laute „kart-kurt“. Da sie in abgelegenen und unwegsamen Gebirgen leben, haben sie eine eigene „Sprache“ entwickelt, die aber ist und bleibt ein türkischer Dialekt.

 

In den Schulen wurde Türkentum gepriesen und heroisch verklärt und die Aufgaben der anderen Völker darauf reduziert, den Türken zu dienen.

„Glücklich ist der, der sich Türke nennen kann.“   oder:

„Ein Türke ist so groß wie das Universum“

 

Diese und ähnliche Parolen standen mit riesigen Buchstaben an Berghängen überall in Kurdistan, und in fast allen Städten, und heute noch stehen sie dort und werden von Soldaten bewacht.

 

Man hat die Kurden als minderwertige und kulturlose Menschen diffamiert. Kurden seien dreckig und schlecht, sie verstünden nichts von Zivilisation. In den vielen Kurdenwitzen kommt dieser rassistische Geist zum Ausdruck.

 

Nach 1938 lag eine Friedhofsruhe über Kurdistan. Viele Gebiete in Dersim wurden zum Sperrgebiet erklärt,  in das man 10 Jahre lang nicht gehen konnte.

Wir, die übrig gebliebenen Menschen in Dersim waren in Not und Elend, da alles zerstört und verloren war.

Ich erinnere mich genau, dass meine Mutter immer Angst hatte, weil in harten Wintermonaten unsere Grundnahrung ausging, ob sie ihre Kinder bis zum Frühling retten kann. Viele Kinder starben an Hunger und Krankheiten.

 

Nach dem Massaker wurden viele Kinder „Kemal“ oder „Mustafa“ genannt. Da die Unterdrückung so maßlos war, glaubten die Menschen, dass sie, wenn sie ihre Kinder nach Kemal Atatürk bennenen, sie eine Chance bekämmen, am Leben zu bleiben oder gar beruflich aufsteigen zu können. 

 

Ich habe persönlich in manchen Wohnungen der Dersim Kurden gesehen, dass sie die Poster von Kemal Atatürk in ihren Wohnzimmern aufhängen. Als man nach dem Grund fragte, gaben sie zur Antwort, dass sie es wegen der türkischen Rassisten aufhängen, um ihre Ruhe zu haben. Auch viele DersimKurden haben sich aus Angst  selbstassimiliert.

In den Augen der Dersim Kurden war die Angst vor Repressalien sehr groß. Um dem Haß der Behörden  auszuweichen, und sich nicht aus Dersim kommend zu zeigen, hatten viele freiwillig ihren Namen geändert, und auch ihre standesamtlichen Daten in türkische Städte transferiert.

 

Hier muss man aber auch offen sagen, dass viele Menschen aus Dersim für die Freiheit Kurdistans und für die Demokratie in der Türkei kämpfen. Tausende tapfere Dersim-Kurden haben in diesem Kampf ihr Leben verloren

Seit 1938 gibt es eine ständige Vertreibung der Kurden. Die Türkei versucht jetzt in moderner  Weise die Kurden aus Dersim zu vertreiben:

 

·         Sie baut über einem kleinen Fluß 8 Staudämme.

·         Sie steckt die Wälder im Brand

·         und tagtägliche militärische Bombardierungen

vertreiben die Menschen.

Viele Zehntausende leben als Arbeits- oder politische Imigranten in Deutschland.

Die Seele eines Menschen, der einmal seine Heimat verloren und als Imigrant in der Fremde leben muss, ist gespalten.

Das bessere und durchaus sichere Leben hier kann uns nicht helfen, unsere eigentliche Heimat zu vergessen.

Es ist selbstverständlich dass man sein Leid und seine traumatischen Erinnerungen mit in die Diaspora nimmt. Man ist bis in die Seele verletzt, wenn man durch türkisches Militär verursacht, von Tod eines Verwandten oder Freunden hört, oder von der Zerstörung eines Dorfes oder Verbrennung eines Waldes, den man kennt.

 

Nun blicke ich mit Freude in die Zukunft, und sage, dass viele Kurden aus Dersim, besonders die neue Genaration trotz aller Desinformationen und Repressallien des türkischen staates ihren Wurzeln nachgehen.

 

Dersim ist mein Heimatort, meine Muttersprache, mein Dasein. Dersim ist meine Liebe an die Natur und Menschen. Dersim ist natürlich auch mein Trauma. Ich werde immer mit meiner Kraft Dersim helfen, dass die Menschen dort freier werden, dass die Kinder nicht mein Schicksal, sondern ein besseres erleben.

 

Ich betrachte als meine Heimat meine Muttersprache, meine Kultur und Identität. Weil sie mir bzw. uns Kurden beraubt worden sind, kämpfe ich  auf friedlichem Wege, sie zurück zu erlangen.

 

·         Wir erinnern  an das Dersim-Massaker.

·         Und wir erinnern  an die Frauen und Mädchen, die sich von den Felsen in die Schluchten geworfen hatten, um dem türkischen Militär zu entkommen.

·         Wir erinnern uns an Seyid Riza, seine Freunde.

·         Wir erinnern uns an die Menschen die seit 1938 vom türkischen Staat ermordet sind. 

·         Vergessen bringt neues Verbrechen

weşandin: Pazar, 10. Ekim 2010 (33476 xweindin)
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